Die Figur des Judas bildet den Fluchtpunkt christlichen Antijudaismus. Der Judaskuss ist das Symbol für heimtückischen Verrat. Erst in neuerer Zeit gibt es Verteidigungsreden. Wir wollen den unterschiedlichen biblischen Judas-Bildern nachspüren und wichtige Facetten dieser Figur aufdecken, die sich einer antijüdischen Interpretation verweigern.
Petrus verleugnet und die Jünger verschlafen Jesu Not in der Nacht vor seine Kreuzigung im Garten Gethsemane. In der Kirchengeschichte wird aber Judas zu «dem Verräter» und («natürlich» bei dem Namen!) – zum Exempel des «ungläubigen Juden», der für Geld preisgibt, was «uns» heilig ist. Die anderen Jünger werden zu Christen, Judas bleibt Jude.
Andere Perspektiven auf die Figur gibt es wenige. Friedrich-Wilhelm Marquardt beispielsweise schrieb Judas eine positive Funktion zu. Er ging davon aus, dass durch diese Figur die Frage offengehalten werde, ob durch Christus bzw. durch die christliche Kirche tatsächlich eine Veränderung der Welt zum Guten erfolgt sei.
Im Bibliodrama wollen wir die feindselige Einfalt der Judas-Bilder durch Vielfalt ersetzen und erarbeiten, welche Dimensionen dieser Figur neu und ohne antijüdische Lesarten zu verstehen sein könnten. Dazu laden wir Sie herzlich ein.