Kurd*innen sind in der Türkei und im Iran Repression und Gewalt ausgesetzt. Die unter dem Namen Rojava (Westkurdistan) bekannte autonome Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien will Kurd*innen und anderen Gruppen ein alternatives Gesellschaftsmodell mit der Möglichkeit eines selbstbestimmten Lebens bieten.
Demokratischer Konföderalismus, autonome Verwaltung oder «Jineologie» (kurdischer Feminismus) sind Konzepte, die nach den Vorstellungen ihrer Verfechter*innen ein friedliches und gleichberechtigtes Zusammenleben jenseits kapitalistischer Strukturen ermöglichen sollen. Als diverses und pluralistisches Gebiet der Selbstverwaltung leben in Rojava Kurd*innen, Syrer*innen und Araber*innen zusammen und versuchen, ein modernes Gesellschaftssystem im Einklang mit natürlichen Ressourcen zu etablieren.
Aber wie funktioniert dieses dem Anspruch nach utopisch anmutende Experiment auf dem Territorium der syrischen Diktatur tatsächlich? Wie ist das Bildungssystem organisiert, wie funktioniert demokratische Partizipation, wie sieht das Justizsystem, wie das Gesundheitssystem aus? Wie arbeiten Kooperativen? Kann trotz regelmäßiger Bombenangriffe durch die Türkei ein neues Gesellschaftskonzept etabliert werden? Diese Fragen bekommen in Deutschland wenig Aufmerksamkeit, obwohl die Menschen in Rojava unter hohem Risiko gegen die dschihadistische Miliz «Islamischer Staat» und damit auch für westliche Interessen gekämpft haben.
Zusammen mit dem kurdischen Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit Civaka Azad schauen wir uns an diesem Abend Rojava genauer an. Wir wollen sehen, inwieweit eine gesellschaftliche Utopie jenseits des Kapitalismus Realität geworden ist und wo weiterhin Probleme bestehen. Ein offener und zugleich kritischer Blick soll uns die Möglichkeit geben, Rojava zu verstehen und aktuelle Probleme dieses utopisch anmutenden Gesellschaftsmodells zu erkennen.