Berlin-Brandenburgische Stadtexkursionen
Nachholtermin der Exkursion im Juni 2019
Ideen, geistige Haltungen sowie Religionen prägen Städte und Siedlungen. Mit dem Glauben, eine bessere Welt zu bauen oder auch zu «pflanzen», hinterließen unsere Vorfahren uns Botschaften – sie haben nicht aufgegeben, etwas dafür zu tun, dass der Mensch edler «l(i)eben» könnte, wenn er für den anderen tätig wird.
Oranienburg entstand aus dem Burgflecken Bötzow, ursprünglich ein Nest der Raubritterfamilie Quitzow, später Amtssitz. Mit dem 1651/52 errichteten Schloss wurde auf Anordnung der Oranierin Louise Henriette, der ersten Ehefrau des Brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, eine Musterwirtschaft (Schäferei, Brauerei, Molkerei) etabliert, noch ehe der Ort zur Stadt ausgebaut wurde. Wir werden mit Hilfe des Museologen Joachim Richter-Geißler die restlichen Spuren dieser Reform finden und stoßen dabei auf die Historie der Jüdischen Gemeinde und der auch in Brandenburg eröffneten Gewerbefreiheit.
Die Oranienburger evangelische Stadtkirche St. Nicolai wurde 1864/66 im Auftrag des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm IV. durch den Architekten Friedrich August Stüler erbaut und nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg verändert wieder aufgebaut. Sie beherbergt heute eine kleine Skulpturensammlung des Bildhauers Wilhelm Groß (1883-1974). Groß lebte und wirkte in der Obstbaukolonie Eden. Während in der Nicolai-Kirche der nationalsozialistische Zeit-Ungeist herrschte, verkündigte Groß in seinem Edener Atelier, der Strohkirche, die Theologie der Bekennenden Kirche. Er war einer der wenigen später auch ordinierten evangelischen Laienprediger. Groß verbindet Botschaft und Leben auf Erden – in Eden und mit seinen Verkündigungsfiguren, die uns auch heute nachdenklich machen.
Das Lebensumfeld von Wilhelm Groß war ab 1919 die Genossenschaft der Edener Lebensreformer von 1893. Die vielfältigen reformerischen Ansätze sind in der Obstbausiedlung zu erkennen und insbesondere im kleinen Siedlungsmuseum zu erfahren. Besondere Bedeutung gerade auch für die gegenwärtigen Städtebauprobleme behalten die bodenreformerischen, genossenschaftlichen, naturbezogenen und bautechnischen Fragen sowie naturnahe Nahrungsmittelproduktionen. So sind unsere heutigen Bioläden auch Nachfolger der Edener Reformhausbewegung. Genossenschaften des Wohnens, Arbeitens und Vermarktens sind heute als alternative Formen gesellschaftlicher Organisation wieder hochaktuell. Wir werden von ihrer Geschichte und heutigen Problemen hören und sehen.
Heinz-Joachim Lohmann, Evangelische Akademie zu Berlin
Traugott Messow, Arbeitskreis Stadtpolitik
Zeit: 26. Oktober 2019 um 8:30 - 18:45
Ort: Oranienburg
Veranstalter: Evangelische Akademie zu Berlin, 030/203 55-0, eazb@eaberlin.de
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