Allein vom Guten zu reden, führt dazu, dass vieles, was in der Welt geschieht, in Schweigen gehüllt wird. Das Elend und auch die Verfehlungen müssen aber benannt werden, damit sie sichtbar werden. Nur so wird auch deutlich, wie groß die widrigen Kräfte – auch bei uns selbst – sein können. Die biblischen Texte, der Leitfaden christlicher Existenz, können dagegen sehr umfassend von dem Widrigen und Anstößigen in der Natur und in den menschlichen Verhältnissen reden. Die biblischen Texte «nehmen kein Blatt vor dem Mund». Wir fragen in der Veranstaltungsreihe nach einer Theologie, die die Aufmerksamkeit auch auf das lenkt, was irritiert, was wir alle lieber nicht hätten, mit dem wir uns aber konfrontieren müssen, um es eingrenzen zu können.
Thema der Veranstaltung:
Christliche Kirchen betonen bei internen Abstimmungen gerne die Einmütigkeit, mit der sie zu einer Entscheidung gekommen sind. Dies ist tief im Selbstverständnis der Kirchen verankert. Die biblischen Texte betonen immer wieder die Einheit christlicher Gemeinden. Sie sind Leib Christi, sie sind geführt durch den einen Geist Gottes. Christinnen und Christen sind einmütig beisammen und gestalten gemeinsam ihr Leben. Diese Orientierung hat eine sehr große theologische Bedeutung und ist auch im ökumenischen Miteinander unterschiedlicher Kirchen immer wieder leitend. Doch zugleich weicht das Leben der Christinnen und Christen von dieser Norm immer wieder ab. Schon im Neuen Testament gibt es versteckte und offene Hinweise auf Meinungsverschiedenheiten und Konflikte. Es geht immer auch um ein Ringen um Souveränität, um Gestaltungsmacht aber auch um die Macht der Deutung des eigenen Auftrags. Doch wie gehen Menschen in den Kirchen mit diesem Ringen um Souveränität, mit dem Machtproblem um? Wie kann man die Verwerfungen, die das Ringen um Macht immer wieder hervorruft, so gestalten, dass die Existenzgrundlage von Kirchen, Leib Christi zu sein, nicht verleugnet wird? Über diese Fragen werden wir in der Veranstaltung diskutieren.
Referentin:
Prof. Dr. Rebekka A. Klein, Lehrstuhl für Ökumene und Dogmatik, Ruhr Universität Bochum