Die christliche Abgrenzung vom Judentum nahm im Mittelalter gewaltsame Formen an. Zahlreiche Pogrome und Vertreibungen begleiteten die Pestepidemien im 14. Jahrhundert, aber auch danach führten frei erfundene Mythen über angebliche Brunnenvergiftungen oder Ritualmorde zu immenser Gewalt. Im mecklenburgischen Sternberg zog die Erzählung, Jüdinnen und Juden würden Hostien schänden, indem sie diese durchstachen, 1492 einen folgenschweren Prozess nach sich. Unter Folter erpressten die damaligen Landesherren Schuldgeständnisse unter den dort lebenden Jüdinnen und Juden. 27 von ihnen verbrannte man anschließend auf dem später als «Judenberg» titulierten Hügel vor den Toren der Stadt, über 200 Jüdinnen und Juden wurden aus Mecklenburg vertrieben. Für Christinnen und Christen avancierte Sternberg in den Jahrzehnten darauf zu einem populären Wallfahrtsort. In der Sternberger Stadtkirche entstand mit der «Kapelle des Heiligen Blutes» eine Pilgerstätte, an der man nicht nur die vermeintlich geschändete Hostie präsentierte, sondern auch die Tischplatte, auf der der Hostienfrevel angeblich begangen worden war. Erst im Zuge der Reformation und Lutherischen Kritik am Heiligblutkult im 16. Jahrhundert ebbte die Wallfahrt nach Sternberg langsam ab. Die Tischplatte hingegen ist heute noch erhalten und zeugt vor Ort vom Judenhass, der sich lange Zeit auf der Grundlage christlicher Vorstellungen vollzog. Die evangelische Gemeinde der Stadtkirche in Sternberg setzt sich seit einigen Jahren intensiv mit der Geschichte des Pogroms auseinander. Im Rahmen einer Tagung unter der Leitung von Frau Prof. Skottki wurden die Ereignisse 2022 erstmals wissenschaftlich aufgearbeitet. Seit 2007 erinnert außerdem ein Gegenkunstwerk mit dem Namen «Stigma» an die spätmittelalterliche Judenverfolgung. Es wurde von denselben Künstlern angefertigt, die auch die Bodenplatte gestalteten, die sich seit 1988 unter dem Wittenberger Schmährelief befindet. Mit der Exkursion möchte die Evangelische Akademie die Möglichkeit geben, sich mit der Geschichte christlicher Judenfeindschaft und der Bearbeitung ihrer noch heute sichtbaren Zeugnisse näher zu befassen. Im Mittelpunkt des Besuchs steht eine Führung durch die Sternberger Stadtkirche sowie ein mehrstündiger Workshop mit Frau Prof. Skottki.
Die TeilnehmerInnenzahl ist auf 15 Personen begrenzt. Verbindliche Anmeldungen können über die Website der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt getätigt werde.
Die gemeinsame Hin- und Rückfahrt am 01.07.2023 erfolgt über zwei Kleinbusse von Wittenberg aus. Abfahrtzeit ist 07:30 Uhr, die Rückkehr ist auf ca. 21.00 Uhr terminiert.
Die Teilnahme ist kostenfrei, eventuell wird im Vorfeld ein kleiner Unkostenbeitrag für die Verpflegung erhoben.
Eine Veranstaltung des Projekts «Bildspuren» an der Ev. Akademie Sachsen-Anhalt. Das Projekt «Bildspuren» wird gefördert vom Bildungsministerium des Landes Sachsen-Anhalt und der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.
Zeit: 1. Juli 2023 um 7:30 - 21:00
Ort: Sternberg (Mecklenburg-Vorpommern)
Veranstalter: Evangelische Akademie Sachsen-Anhalt
Zur Veranstaltung bei der Akademie