Evangelische Akademien Deutschland
8. April 2019 | Evangelische Akademie Thüringen

Nichts bleibt, wie es war?

Mehr Edutainment und Emotionen in die politische Bildung!


Welche Themen, Tools, Fragen und Probleme sind in der politischen Bildung gerade dran? Beim Barcamp „Nichts bleibt, wie es war?“ im Zinzendorfhaus in Neudietendorf vom 28. bis 29. März 2019 gab es die Möglichkeit, darüber in kollegialen Austausch zu kommen.

„Hallo ich heiße … und meine Hashtags sind …“ Ein Barcamp beginnt traditionell mit einer Vorstellungsrunde, in der gleich drei Besonderheiten dieses Formats deutlich werden: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer stehen im Mittelpunkt und bringen ihr Wissen und ihre Erfahrung ein, die durch die genannten Hashtags angedeutet werden. Alle stellen sich mit Vornamen vor, denn während des Barcamp gilt das Du, was das angestrebte kollegiale Miteinander verdeutlicht. Drittens verweist die Hashtag-Vorstellungsrunde auf die enge Verzahnung von Online und Offline. Beim Barcamp haben alle ständig Laptop oder Smartphone in der Hand, veröffentlichen Erkenntnisse oder wichtige Fragen per Twitter oder Instagram unter dem Veranstaltungs-Hashtag (hier: #bcZpB) oder protokollieren die einzelnen inhaltlichen Blöcke, genannt Sessions, in interaktiven Etherpads.

Erfahrungsorientierung als Schwerpunkt

Beim Barcamp „Nichts bleibt, wie es war? Zukunft der politischen Bildung“ des Regionalteams Ost der Evangelischen Trägergruppe drehte sich es sich um Themen wie Jugendbeteiligung, demokratische Schule, Argumente gegen rechtspopulistische Wahlkampfversprechen oder die Erstwählerkampagne der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen. Ein Schwerpunkt ergab sich in erfahrungsbasierten Methoden wie einem Escape Game, Liverollenspiel, VR-Brillen oder Unsichtbarem Theater in Schulklassen, die mehrere Teilgeber*innen aus ihrer Arbeit vorstellten. Die Diskussionen drehten sich darum, wie aus den intensiven Erfahrungen in der Reflexion politische Bildungserlebnisse werden. Wichtig ist hierbei, genügend Zeit einzuplanen, die Bildungsziele vorher zu definieren und die Reflexion behutsam, flexibel, aber zielorientiert zu begleiten.

Ein Blick in die Sessions

Weitere Sessions drehten sich um Themen und Methoden, die den Teilnehmenden unter den Nägeln brennen. So eröffnete Berufsschullehrer Jens Börmke den Session-Reigen mit dem Titel: „Nur wer brennt, kann entzünden – Wie bleibe ich heiß?“ Denn Momente, die die Flamme der Begeisterung kleiner werden lassen, gibt es viele. Die produktive Frage ist, was man dem entgegensetzt. „Engagement ist eine Dampflok: Es braucht Leute, die Feuer geben, die einfach mitfahren und auch welche, die die Lok bremsen.“ Schon diese Erkenntnis kann helfen, Bremsen als produktives Element wahrzunehmen. Das gemeinsame Fazit des Austauschs lautet: Such dir Verbündete und überrasch dich selbst, indem du Strukturen und Routinen durchbrichst!

Die zweite Diskussionsebene im Netz unter #bcZpB

Eine Session von et-Mitglied Jan Witza drehte sich um Edutainment in der politischen Bildung. Ein Beispiel hierfür ist die heute show im ZDF, die vorrangig Unterhaltung ist und dennoch einen Zugang zu Politik ermöglicht. In der Session wurden Konzepte ausgetauscht, bei der die Verbindung von Spaß und politischer Bildung funktioniert, und acht wichtige Punkte für mehr Edutainment in der politischen Bildung gesammelt: 1. Lebensweltorientierung, die gleichzeitig unterhaltsam ist, 2. sinnliche Erfahrbarkeit, 3. Methodenvielfalt, 4. Verkleiden, 5. Plan-/Rollenspiele, 6. Auswirkungen sehen/Selbstwirksamkeit spüren, 7. Emotionen, 8. Großveranstaltungen/Festivals.

Das Barcamp bot neben dem kollegialen Austausch auch die Möglichkeit, Methoden praktisch auszuprobieren. Zum Beispiel die Konstanzer Methode der Dilemmadiskussion, die Sieglinde Eichert vorstellte. Darin wird ein Dilemma als Ausgangspunkt für eine Diskussion in festgelegten Phasen genutzt, in deren Verlauf Argumentation, Rollenwechsel und moralische Kompetenz gestärkt werden. Diese Methode ist seit langem erprobt und ihre Wirksamkeit gut erforscht. In der Dilemmageschichte beim Barcamp muss sich eine Sozialpädagogin zwischen ihrer beruflichen Integrität und dem persönlichen Schicksal eines Mädchens entscheiden. Nicht leicht – das konnten alle Teilnehmenden nachvollziehen, zum Teil auch aus eigenen beruflichen Erfahrungen. Das Wertschätzen der Argumente der Gegenseite gehört genauso zur Methode wie das Schärfen des eigenen Standpunkts, sodass am Ende klar wird: Diskutieren bringt etwas, muss aber geübt werden!

Barcamp macht Hunger auf mehr!

Kontakte knüpfen, kollegialem Austausch Raum geben, sich fachliches Feedback für eigene Ideen oder Projekte holen oder mit Kolleginnen und Kollegen über große und kleine Herausforderungen der politischen Bildung philosophieren – all das ermöglichte das Barcamp. „Ein wunderschöner, bunter, fachlich anregender und lustiger Spielplatz“, fasste ein Teilnehmer seine Erfahrungen zum Abschied zusammen. Und im Online-Feedback hieß es unter anderem: „Kopf voll, Herz brennt, Lust aufs Ausprobieren, her mit den Kids…“.

Kontakt: Annika Schreiter

Link zu weiteren Informationen: https://barcamptools.eu/bczpb/