29. November 2017 | Ev. Akademie Bad Boll
Jugendbeteiligung im ländlichen Raum
Tagung für Multiplikator*innen
Partizipative Prozesse in der Kommune werden wirksam, wenn sie schon partizipativ entwickelt werden. Es lohnt also, sich lange vor der „eigentlichen“ Veranstaltung im Ort bzw. in der Region nach passenden Partnern für Strategie und Kooperation umzuschauen. Das war nur ein Aspekt der erarbeiteten Grundsäulen, wie Partizipation jugendgerecht und verwaltungskompatibel gelingen kann. Dass die Beteiligung auf Vertrauen baut und damit Beziehungsarbeit mit der Zielgruppe bzw. dem Zielort verlangt, ist die zweite…

Foto: Sigrid Schöttle
Bei der zweitägigen Bad Boller Tagung für Fachkräfte der Jugendbeteiligung im ländlichen Raum standen Fragen zu Konzept, Strategie, Vernetzung & Synergie auf dem Programm. Informationen, Erfahrungswissen, Good-Practise-Beispiele (auch mit engagierten Jugendlichen über Skype) wurden vorgestellt. Im kollegialen Coaching wurden eigene Projektideen in erprobten partizipativen Methoden weiterentwickelt. Das klingt üppig. Tatsächlich! Es war eine arbeitsintensive Tagung für die Teilnehmenden aus ganz Baden-Württemberg, die eine Menge Knowhow zur Fachpraxis, Argumentationshilfen aus dem § 41a der Gemeindeordnung sowie eine „Prozessarchitektur“ für die eigene Region gewinnen konnten.
Jugendbeteiligung auf dem Land kann sich nicht an Konzepten größerer Städte orientieren. Sie muss mit meist geringeren Mitteln die wenigen Jugendlichen erreichen, die am Ort leben. Meistens pendeln Jugendliche jedoch in größere Nachbarstädte, weil sie dort zur weiterführenden Schule gehen und auswärts freie Zeit verbringen. Die Strecken sind lang, die Wohnorte oder Treffpunkte der Jugendlichen zu weit entfernt, um „kurz mal rüber zu gehen“. Auch die Mobilität für die unter 16-jährigen spielt eine Rolle: Wie gelangt eine 14-jährige im Südschwarzwald von A nach B ohne Mum oder Mofa? Selbst das Internet ist mancherorts nicht sichergestellt. Der ländliche Raum bringt also eigene Herausforderungen mit sich, bietet aber auch andere Zugänge und Möglichkeiten.

Foto: Sigrid Schöttle
In Baden-Württemberg sind viele dieser Probleme nicht gelöst, aber erkannt. Die flächendeckende Information zur Pflichtaufgabe der Kommunen, Jugendliche an allen sie betreffenden Fragen beteiligen zu müssen und Kinder beteiligen zu sollen, ist „von oben“ kommuniziert und gesetzlich verankert. Politik und Verwaltung wissen darum. Jetzt geht es aktuell in der Fläche um das wie. Die Allianz für Beteiligung e.V., ein Zusammenschluss von inzwischen mehr als 50 Akteuren und relevanten Organisationen für Bürgerbeteiligung in Baden-Württemberg, die unermüdliche Arbeit von Staatsrätin Erler und ihrem Team aus dem Staatsministerium für Beteiligung und Zivilgesellschaft transportieren ein positives Klima ins Land. Die Jugendstiftung Baden-Württemberg ist Träger des Projekts „Jugend bewegt“, das Kommunen qua Förderung und Coaching in der Entwicklung von ortseigenen „Architekturen“ zur Jugendbeteiligung unterstützt. Das bundesweite LEADER-Programm (hier des Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg) unterstützt dahingehend ihre Kommunen; Jugendbeteiligung ist darüber nun nicht mehr nur pädagogisches Interesse oder eine Frage der politischen Bildung, sondern ein sozialraumexistentielles, landesrelevantes Ansinnen. Diese gemeinsame “Betroffenheit“ war uns Anlass zu Synergie und Kooperation zu dieser Tagung: kooperativ & partizipativ eben… so kann Jugendbeteiligung gelingen!
Autorin: Sigrid Schöttle