Evangelische Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung
Ready2Pair – Ready2Share
Potenziale von Spielen in der politischen Bildung

Escape-Room-Brettspiel ‚Rätselräume‘, Foto: Vanja Obad
„ready to pair…“ wird von einer elektronischen Stimme angesagt, wenn Lautsprecher eingeschaltet sind, um sich über Bluetooth mit anderen Geräten zu verbinden. Auf der Fachtagung „Ready2Pair – Spiele in der politischen Bildung“ haben wir analog dazu Spiele und politische Bildung miteinander verbunden. Was sind die Herausforderungen, die beim Entwickeln und Einsetzen von Game-based Learning entstehen? Wie gelingt es, Methoden und Spiele mit Prozessen der politischen Bildung zu verbinden?
Ready to connect
Genau zu diesen Fragen fand die Fachtagung statt. Sie war als wildes Bastellabor konzipiert, in dem Methoden angespielt, Neues ausprobiert und kritisch reflektiert werden konnte, um so den Potenzialen, aber auch Herausforderungen, Grenzen und Möglichkeiten von Spielen in der politischen Bildung mit viel Fachexpertise aus unterschiedlichen Feldern auf den Grund zu gehen.
In der Evangelischen Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung (et) haben wir in den letzten Jahren viel Erfahrung in der Entwicklung von Game-based Learning Methoden gesammelt und einige in der Reihe #etpraxistools herausgegeben. Natürlich nutzen wir in unserer Bildungsarbeit auch viele Methoden, die wir nicht selbst entwickelt haben. Auf der Fachtagung hatten wir die Gelegenheit, in einen fachlichen Austausch mit anderen politischen Bildner*innen, Spielentwickler*innen oder Menschen zu kommen, deren Arbeit wir spannend und inspirierend finden.
Ready to play
Der Fokus des ersten Tages lag auf dem Ausprobieren verschiedener Methoden. Je zwei Methoden waren einer Kategorie zugeordnet:

‚General Solutions‘ – das Escape Game, Foto: Vanja Obad
1. Chat Games: Beide Methoden eint, dass sie über eine App spielbar sind und die Spieler*innen über einen Chat kommunizieren. In dem Serious Game ‚Mission Ganymed‘ (et) wird eine Verschwörung aufgedeckt und bei ‚The Feed‘ (LFK Die Medienanstalt Baden-Württemberg) findet eine Auseinandersetzung über die Nutzung von Social Media Plattformen statt.
2. Escape Games: In beiden Angeboten werden Rätsel gelöst. ‚Rätselräume‘ (KIgA e.V.) findet als Brettspiel mit Rätselkarten statt, die Spieler*innen rätseln sich dabei durch Wohnhausgeschosse, ihre Bewohner*innen und ihre Geschichten. In ‚General Solutions – Das Escape Game‘ (et) lösen die Spieler*innen Aufgaben und setzen sich mit Fragen von Datafizierung, informationeller Selbstbestimmung und Nutzungsverhalten auseinander.
3. Szenario Games: In dieser Kategorie finden sich die Spieler*innen an Orten der historisch-politischen Bildung wieder. Bei ‚Erinnern. Die Kinder vom Bullenhuser Damm‘ (Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte) versetzen sich die Spielenden in die Perspektive von Schüler*innen der Schule Bullenhuser Damm in den späten 1970er-Jahren und setzen sich dort mit der NS-Vergangenheit des Ortes auseinander. ‚Allersleben‘ (Evangelische Akademie Thüringen) lädt in die gleichnamige thüringische Kleinstadt in die 1980er Jahre der DDR ein und befasst sich mit der Frage des „jung seins“ in der DDR.
4. Creative Games: Eine Perspektive von Spielen in der politischen Bildung ist, dass junge Menschen sie selbst entwickeln und auf diesem Weg ihre Kompetenzen erweitern. Bei ‚MineKlima‘ (Evangelische Akademie Sachsen-Anhalt) können Entwürfe für nachhaltige Städte in einer Minecraft-Umgebung gebaut werden. Auf ‚Construct 3‘ liegt der Fokus auf dem Programmieren lernen. Dort ist die Aufgabe ein Jump and Run – Spiel zu entwickeln.
Durch die Aufteilung in vier Kategorien war es möglich, zwei methodische Zugänge zu einem Spieltyp kennenzulernen. Escape Games können etwa auf vielfältige Weise stattfinden – wahlweise mit hohem oder niedrigem Materialaufwand. Unterschiedliche Zugänge boten die Szenario Games, einmal als analoges Spiel und digital gestützt. Diskussionspunkt bei Chat Games sind die mehr oder weniger stark vorgegebenen Antwortmöglichkeiten oder andersherum: wie viel Freiheit haben die Spieler*innen in ihren Antworten? Die Frage nach dem Gestaltungsraum fand sich in den Creative Games wieder, so bot eine Oberfläche die Möglichkeit, eine Computerwelt völlig neu zu entwickeln, während die andere schon eine fertige Gestaltung liefert, in der gebaut werden kann.
Warum was zu welcher Entscheidung in der Spielentwicklung geführt hat oder was Herausforderungen des jeweiligen Zugangs sind, war besonders spannend zu diskutieren. Um diesen Diskurs zu unterstützen, haben die Workshopleitungen an dem jeweiligen anderen Angebot in ihrer Kategorie teilgenommen und als Critical Friend Feedback gegeben. Die Teilnehmenden teilten sich frei in die verschiedenen Workshops ein und sind mit viel Begeisterung ins Spielen, Programmieren und Rätseln gekommen.
Ready to launch

Anna-Nicole Heinrich und Simon Hurtz, Foto: Vanja Obad
Ein besonderes Highlight und Triebfeder der Tagung war der Launch des neuesten #etpraxistools ‚Mission Ganymed‘. Auf einem Podium sprachen Thomas Thomer, Unterabteilungsleiter im Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und Anna-Nicole Heinrich, Präses der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), als Förderer. Für eine journalistische Perspektive brachte sich Simon Hurtz vom Social Media Watchblog zur kritischen Auseinandersetzung mit Social Media Plattformen in das Gespräch ein, das von Ole Jantschek moderiert wurde.
Die Innovationsgruppe hinter ‚Mission Ganymed‘, sieben Kolleg*innen aus der et, haben den Entwicklungsprozess von der Idee zur Methode mit Herausforderungen und Meilensteinen offengelegt und dabei Expertise durch Charlotte Lohmann (Amadeu Antonio Stiftung) als Testspielerin und Kolleg*innen von Playing History, der Spielentwicklungsfirma hinter dem Online-Produkt, eingebracht. Und dann wurde der Countdown für den Raketenstart zum Jupitermond Ganymed gestartet – rund 80 Papierflieger schwebten unter Jubelrufen in die Lüfte.
Ready to share
Auf der Fachtagung haben wir spannende Methoden ausprobiert, neue Kontakte geknüpft und gemeinsam darüber nachgedacht, welche unterschiedlichen Wege es für die politische Bildung mit Spielen gibt. Der zweite Veranstaltungstag bot Raum für drei spannende Fachforen zu den Themen Spieleentwicklung, Reflexion und Transfer. Aus den Fachforen nehmen wir viele neue Ideen und Impulse für unsere Arbeit mit, die wir derzeit noch sortieren, aufbereiten und zeitnah auf unserer Themenseite zum Schwerpunkt Politische Medienbildung zur Verfügung stellen.
Kontakt: Annika Gramoll